Vertrieb gehört in den Vertrieb – Teil 3

Ein Rekrutierungsproblem

Offenbar ist es schwierig, genügend gute Verkäufer für die Unternehmen zu gewinnen. Zwei Problemfelder fallen dabei besonders auf. Zum einen scheint es auf dem freien Arbeitsmarkt ganz offensichtlich zu wenig (gute) Verkäufer zu geben. Da hilft kein  Drum-rum-reden. Zum anderen versagt die Führung, weil sie von den wenigen auf dem Markt befindlichen Angeboten oft auch noch die falschen Mitarbeiter auswählt. Sie schätzt nämlich – wie wir im vorigen Abschnitt gezeigt haben – die Herausforderungen an gute Verkaufstätigkeit falsch ein.

Nun lösen wir dieses Problem aber nicht einfach dadurch, dass wir Buchhalter (oder Controller oder Personaler oder IT-Spezialisten oder, oder, oder …) zeitweise im Verkauf einsetzen, in der – irrigen – Annahme, sie würden es schon richten. Nein, dieses Problem lösen wir nur, wenn wir es grundsätzlich angehen. Dazu gehört zweierlei:

Einmal wird es dringend Zeit, dass die Führungskräfte im Vertrieb anerkennen, dass Vertrieb nicht mal so nebenbei erledigt werden kann. Sie müssen anerkennen lernen, dass Außendienstmitarbeiter einen schwierigen Job machen. Sie müssen lernen, dass Außendienstmitarbeiter von ihnen wertgeschätzt werden wollen und müssen. Und Wertschätzung ist es eben gerade nicht, wenn ihnen dauernd unter die Nase gerieben wird, dass ihren Job eigentlich jeder machen könne. Ohne besondere Fähigkeiten, ohne Ausbildung, ohne Berufserfahrung. Geeignet für alle, die sonst nichts gelernt haben – oder eben etwas völlig anderes. Und Wertschätzung ist es auch nicht, sie wie belohnungssüchtige Kinder zu behandeln, deren Streben und deren Energie nur darauf gerichtet sind, die nächst höhere Prämie oder das nächste Incentive zu erheischen (Reinhard Sprenger hat dies in kaum zu überbietender Klarheit schon Anfang der 90er Jahre in seinem Buch „Mythos Motivation“ herausgearbeitet).

Zum zweiten sind wir überzeugt davon, dass wir zur Lösung dieses Problems einen speziellen Ausbildungsgang für aktive Außendienstverkäufer im Sinne eines „Salesman“ einrichten müssen. Wir brauchen u. E. einen offiziellen Ausbildungsberuf „Außendienstverkäufer“. Damit meinen wir nicht die schon heute (häufig in Versicherungsunternehmen) anzutreffende Ausbildung eines Vertriebsberaters oder Vertriebsmanagers und auch nicht die eines Verkäufers im Ladengeschäft. Nein, wir meinen die eines echten Verkäufers im Außendienst. Das müssen junge Leute sein, die an einer solchen Tätigkeit tatsächlich Spaß haben, die von ihrer Persönlichkeitsstruktur stabil genug sind (oder doch so viel Potential haben, um es zu werden), um mit den oben beschriebenen Besonderheiten der verkäuferischen Tätigkeit gut umgehen zu können, die erfolgsmotiviert sind. Und wir brauchen Entwicklungs- perspektiven, denn eine solche Tätigkeit kann man u.E. nicht ewig ausführen. Eine Herkulesaufgabe, das ist uns bewusst. Aus unserer Sicht gibt es dazu allerdings keine Alternative. In der Zwischenzeit müssen wir uns mit professionell gestalteten internen Ausbildungsgängen, Workshops und Seminaren, die professionelles Know-How vermitteln müssen, weiter über die Runden helfen.

Auch die Rekrutierungspraxis von geeigneten Außendienstmitarbeitern hinkt also den tatsächlichen Notwendigkeiten hinterher.

Trotzdem: Kundenorientierung in allen Bereichen

Es muss an dieser Stelle klar auseinander gehalten werden:

Vertriebsaufgaben zu übernehmen, zu verkaufen (auch telefonische Akquisition gehört dazu), das ist eine Sache. Diese Aufgabe müssen professionell arbeitende Verkäufer und Außendienstmitarbeiter erledigen.

Kundenorientierung ist eine andere Sache. Die muss – ebenso professionell – von allen Abteilungen eines Unternehmens wahrgenommen werden. Dies gilt nicht nur für den Außendienst. Dies gilt besonders für den Innendienst. Hier hapert es häufig noch. Kundenorientierung, oder vielleicht besser: Serviceorientierung, ist ein nach
außen gezeigtes Verhalten einer inneren Einstellung, durch das die eigene Dienstleistung dem Kunden, dem Kollegen, demjenigen gegenüber, der diese Leistung in Anspruch nimmt, in exzellenter Art und Weise dargeboten wird. Auf eine solche ausgezeichnete Dienstleistung hat auch der Außendienst gegenüber dem Innendienst Anspruch. Nur wenn hier „Hand in Hand“ gearbeitet wird, wird sich ein Unternehmen insgesamt als exzellent darstellen können. Dazu mögen dann auch Standards für den Kontakt mit Kunden gehören, die von allen Angestellten einzuhalten sind, unabhängig von dem Bereich, in dem sie arbeiten. Aber: Dies hat nichts damit zu tun, dass sich nunmehr alle Angestellten im Vertrieb wiederfinden, um Verkaufsaufgaben wahrzunehmen und sich so das gesamte Unternehmen zu einer einzigen
Vertriebsabteilung entwickelt. Dazu sind auch die Vorteile der arbeitsteiligen Organisation zu offensichtlich.

Was ist außerdem zu tun

Ein wesentliches Element zu mehr Erfolg im Außendienst mag – neben der bereits geforderten Professionalität in der Ausbildung und in der Rekrutierung von Außendienstmitarbeitern und Verkäufern – dann vor dem oben diskutierten Hintergrund künftig auch in einer spürbaren Verbesserung der Vertriebsunterstützung bestehen. Insbesondere erscheinen uns bessere Serviceprozesse zur Unterstützung des Außendienstes und grundsätzlich wohl auch eine deutliche Reduzierung des administrativen Aufwandes vielversprechende Ansätze zu sein.

Immer noch werden Außendienstmitarbeiter zu einem zu großen Teil ihrer Arbeitszeit mit administrativen Dokumentationsaufgaben beschäftigt. Solange jeder Außendienstmitarbeiter auch im Innendienst seinen eigenen Schreibtisch, seinen eigenen PC und sein eigenes Tischtelefon hat (eine Situation die unserer Beobachtung nach zunehmend in deutschen Unternehmen anzutreffen ist), ist das auch kein Wunder. Dies provoziert geradezu dazu, sich im Innendienst aufzuhalten. Und natürlich ist dies bequem. Stattdessen sollten Außendienstmitarbeiter und Verkäufer nachhaltig z.B. durch den Einsatz von Mobiltelefonen, Laptops, Vergleichsprogrammen und elektronischen Erfassungsbögen professioneller ausgestattet und in ihrer Verkaufstätigkeit unterstützt werden. Hier müssen die
äußeren Rahmenbedingungen deutlich und nachhaltig verbessert werden. Ein relevanter Kostenfaktor ist dies heutzutage nun wirklich nicht mehr. Dies könnte die Möglichkeit eröffnen, die Anliegen des Kunden schon beim Besuch in seinem Büro oder bei ihm zu Hause zu bearbeiten, sofortige elektronische Rückfragen zu realisieren und einen elektronischen Zugriff auf die Kundendaten über sichere Internetverbindungen per Laptop zu haben. Dies ist selbst unter Datenschutzgesichtspunkten heute kein technisches Problem mehr. Für den Kunden bedeutete eine solche Vorgehensweise einen echten „Mehrwert“.

Ein weiterer erfolgsrelevanter Faktor gerade für Außendienstmitarbeiter ist das permanente Coaching. Damit meinen wir nicht die vielfach unter diesem Begriff subsumierte „Begleitung“ durch Vorgesetzte. Die ist üblicherweise nichts andere als eine hierarchisch motivierte Disziplinarmaßnahme, bei der sich lediglich der Chef wohlfühlt – wenn überhaupt. Nein, wir meinen die Möglichkeit, sich unter professioneller Anleitung mit den Erlebnissen während der Außendiensttätigkeit auseinander zu setzen. Zu ergründen, was haben bestimmte erreichte Erfolgen und ebenso erlittene Niederlagen mit mir als Außendienstmitarbeiter zu tun. Welche Verarbeitungsmöglichkeiten von Misserfolgen kann man sich individuell erarbeiten. Wo sind auch in der Persönlichkeitsebene Entwicklungsmöglichkeiten. Für die Bearbeitung solcher Fragen sind Führungskräfte nicht ausgebildet. Sie sind auch von ihrer Funktion her nicht die Richtigen für eine solche Aufgabe. Auch dies unterbleibt zu häufig in den Unternehmen. Ein Blick auf die Vielzahl der unter dem Stichwort „Die Führungskraft im Außendienst als Coach“ angebotenen Seminare belegt diese These überdeutlich.

Bessere Vor- und Nachbereitung von Kundenterminen ist ein weiteres Stichwort in diesem Zusammenhang. Konsequentes Auswerten von Adressdaten wäre noch ein weiterer Baustein. Dann kann es gelingen, die Nettovertriebszeit insgesamt deutlich zu erhöhen. Dies muss erreicht werden. Denn nur das bringt den Erfolg – nicht
der zusätzliche Einsatz von Innendienstmitarbeitern im Außendienst.

(*** Ende)

Copyright:  © Claus-Peter Manzel – 2010

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